Format (L/B/H): 57cm x 50 cm (ohne Wassergraben) x 60cm

Eine sehr ungewöhnliche und seltene Form des Spielzeugs stellt dieser detailgetreue Nachbau einer Wassermühle dar. Sie ist komplett aus Holz gefertigt und fiel mir durch ihre liebevolle Außengestaltung mit dem verzierten Giebel, dem Sprossenfenster zur Müllerwohnung im Dachgeschoss sowie dem Bachlauf mit Mühlrad ins Auge.
Auch das Innenleben fasziniert: es besteht aus einem aus Edelhölzern gefertigten Hammerwerk mit (Holz-)Zahnradantrieb.

Am Wasserrad wurde in späterer Zeit eine Kurbel befestigt, mit der man es antreiben kann. Über die großen Holzzahnräder werden die Drehungen des Mühlrades auf das Hammerwerk übertragen.

Unsere erste Vermutung war, dass es sich hier um eine Flachsmühle handeln könnte. Entsprechend wurde sie von uns mit Flachs und Säcken voller Leinsaat dekoriert.

Kurz darauf erhielten wir von einem Forenmitglied den Hinweis, dass es sich um eine Gerbermühle handeln könnte.

Und ein Besuch im Tuchmachermuseum in Bramsche bei Osnabrück ergab dritte Verwendungsmöglichkeit: es könnte sich auch um eine Walkemühle zur Tuchherstellung handeln, wobei die Funktionsprinzipien beim Gerben und Walken ja ähnlich sind.

Der Begleittext zur Walkemühle im Tuchmachermuseum beinhaltete die folgenden Informationen (frei nacherzählt):

Die Walkemühle zeigt eine neue Technik in der mittelalterlichen Welt: die Nockenwelle. Die Nocken der waagerechten Welle des Wasserrades übertragen die Umdrehungen der Welle in Auf- und Abwärtsbewegungen der Hämmer.

Die Erfindung der Nockenwelle brachte im 12. und 13. Jahrhundert einen Schub in der technischen Nutzung des Wasserrades. Sie trieben nun Geräte an zum Walken, Stampfen, Schlagen, Hämmern, aber auch den Blasebalg an.

Die Walkemühle löste das althergebrachte Fußwalken ab, wobei sich am Prinzip des Walkens nichts änderte.
Das Tuch wird mit etwas warmem Wasser in einen Trog gelegt, lösende Substanzen kommen hinzu: Urin zum Reinigen und Walkerde aus Ton, die das Fett löst und aufsaugt.

Das Entscheidende an der Entdeckung der Walkemühle war neben der beschleunigten Arbeitsweise durch Wasser- statt durch Muskelkraft vor allem die Tatsache, dass die Tuchmacher nun an Wassermühlen gebunden waren und damit sesshaft wurden.

Die Walkemühlen waren stets der wertvollste Besitz der Tuchmachergilden, da ihre Anschaffung und ihr Unterhalt sehr kostspielig waren.

In Bramsche wurden strenge Verhaltensregeln für die achtsame Nutzung der Mühle aufgestellt. Zudem musste sich jedes neue Mitglied in der Gilde mit 10 Talern und einer Tonne Bier die Nutzungsrechte erkaufen.