Da Puppenhäuser groß und teuer sind, setzte sich als Wohnraum zum Spielen bereits im Biedermeier die Puppenstube für Kinder wohlhabender Familien durch. Frühe Puppenstuben und Bilder, die Kinder beim Spiel mit Biedermeier-Puppenstuben zeigen, sind jedoch vergleichsweise selten. Da Spielzeug immer auch erzieherische Aufgaben zu erfüllen hatte, wurde den Stuben der geringere Spielwert zuerkannt.

Wenn eine Puppenstube angeschafft wurde, so stellte sie meistens eine Ergänzung zur Küche dar. Sie wurde als Salon eingerichtet und so konnte hier neben der zweckmäßigen Einrichtung das richtige Decken eines Tisches und das Servieren geübt werden.

Die frühen Puppenstuben können, wie die Küchen und Kaufläden der Zeit, mit Dach oder angedeutetem Dach versehen sein. Die Wände sind, dem Zeitgeschmack entsprechend, relativ schlicht tapeziert, wobei sie häufig optisch in mehrere Segmente unterteilt wurden, indem senkrecht stehende Rechtecke einer etwas anders gemusterten Tapete auf eine Grundtapete aufgebracht oder aufgemalt und mit schmalen Bordüren eingefasst wurden.

Die Möblierung war schlicht und im Verhältnis zur Gehäusegröße oft auffallend klein und zierlich. Die Schlichtheit der biedermeierlichen Stube übt bis heute einen ganz besonderen Reiz aus.

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts setzen sich dunkle Möbel im Biedermeierstil, verziert mit rokokoartiger Goldbedruckung, durch. Sie imitieren die zu der Zeit sehr beliebten intarsierten Möbel nach Charles André Boulle und werden deshalb oft fälschlich als Boulle-Möbel bezeichnet. Korrekt ist die Bezeichnung: (Puppen-)Möbel mit Golddruck oder Golddruckmöbel.

In den letzten zwanzig Jahren des 19. Jahrhunderts erhöhte sich die Produktion von Spielzeug und damit auch von Puppenstubenzubehör stark. Die Puppenstubenmöbel, nun ganz im Stil(-mix) der Gründerzeit, trugen gedrechselte Säulen, Durchbruchornamentik und - je nach Preis - imitierte oder wirkliche Intarsien. Die Möbelvielfalt erhöht sich und die nun häufiger werdenden Doppelstuben werden auf Wunsch der jeweiligen Familie mit Salon, Herrenzimmer, Speisezimmer, Musikzimmer eingerichtet. Auch Schlafzimmer werden nun häufiger Bestandteil der Puppenstube.

Ein typischer Gründerzeitsalon hat neben dem Sofa und verhältnismäßig vielen Stühlen, von denen einige wie in einem Wartezimmer an der Wand stehen, einen meist eckigen, oft ausziehbaren Tisch, einen Standspiegel und einen Schrank mit offenen Fächern, in denen zahllose Nippes-Gegenstände präsentiert werden. An den dunkel gehaltenen Wänden hängen Bilder mit schwerem Gold(-blech)rahmen, die ebenfalls dunklen, schweren Samtvorhänge reichen bis zum Boden.

Die starke Verbreitung von Puppenstuben in dieser Zeit führt dazu, dass mit Puppenstuben bis heute eine gründerzeitliche Möblierung verbunden wird. Auch in moderneren Zeiten verklauften sich Einrichtungen dieses Stils, so dass eine eindeutige zeitliche Einordnung von Gründerzeit-Möbelsets erschwert wird.

Der Stilmix und die erdrückende Schwere der Einrichtung begünstigten die Entstehung des Jugendstils, bei dem alle Gegenstände im gleichen, der Natur entliehenen Stil gehalten werden sollten. Die Farben der Einrichtung wurden heller, die Möbel zierlicher und insgesamt auch schlichter, weil an die Stelle der vielen gedrechselten Teile eine Ornamentik aus Linien und Linienführung trat.

Fließend ging der Jugendstil in sachlichere Ornamentik aus Linien und geometrischen Formen über und wurde schließlich von vor allem auf Funktionalität ausgerichteten Möbeln und Gebrauchsgegenständen der Bauhausbewegung verdrängt. In der Puppenstube fand diese sachliche Gestaltung wenig Anklang. Entsprechend selten findet man heute solche Möbelsets oder sogar Stuben.

Erst mit der Wirtschaftswunderzeit, also den 1950er Jahren, wird Spielzeug für breitere Bevölkerungsschichten finanzierbar. Nun haben auch Kinder auf dem Land und Kinder in Arbeiterfamilien kleinere und einfachere Puppenstuben unter dem Weihnachtsbaum, die in ihrer Ausstattung Zeitgeschmack und neue Errungenschaften repräsentieren: zunehmend werden Holz, Eisenblech und Glas durch Aluminium und Kunststoffe ergänzt.

Die Elektrifizierung, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch eine Ausnahme war, wird nun zur Regel. Zwischen den zahllosen sehr günstigen Anbietern halten sich einige Firmen, die weiterhin auf solide (Sperr-)Holzmöbel setzen und somit Puppenstuben schaffen, die, obwohl noch nicht wirklich alt, schon heute sammelnswert sind.