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Immer schon - so denke ich mir - gab es in der Menschheitsgeschichte den Wunsch nach einer schnellen Nachrichtenübermittlung über längere Distanzen. Kreative Lösungen wie die sogenannten "Buschtrommeln" oder die vielverfilmten Rauchzeichen der Indianer hatten nur eine relativ geringe Reichweite, ermöglichten aber eine Verständigung zwischen Menschen ohne Blickkontakt.

Im 17. Jahrhundert wurden verschiedene Versuche unternommen, Schall mit technischen Hilfsmitteln über weitere Entfernungen zu übertragen. Die meisten Geräte hatten eine nur geringe Reichweite und die Tonübertragung war oft gestört. Über kürzere Distanzen - wie z.B. an Bord der Dampfer - verwendete man Sprachrohre. Bestand Sichtkontakt (Eisenbahn), wurden optische Signale mit Schildern gegeben.



Die Erfindung des Telefons

Die eigentliche Frühgeschichte des Telefons beginnt 1837 mit der Erfindung des Morsetelegraphen durch den Amerikaner S. F. Morse. Dieser Telegraph übermittelt die getippten Zeichen des Morsealphabets über elektrische Stromleitungen. In den folgenden 20 Jahren erschienen verschiedene Abhandlungen zur Übertragbarkeit von Sprache über Stromleitungen. In der Folgezeit wurden unterschiedliche Systeme erprobt, von denen jedoch nur das von Herrn Alexander Graham Bell so weit entwickelt wurde, dass es 1876 auf den Markt gebracht werden konnte. Es gibt verschiedene Geschichten dazu, wessen Idee Bell patentieren ließ - sicher ist wohl nur, dass es nicht seine eigene war...

Die Geräte von Bell hatten einen Wandler, der zugleich Mikrofon und Hörer war. In ihm befand sich eine flexible Metallmembran, die durch die Schallwellen der Sprache in unterschiedlich starke Schwingungen versetzt wurde. Die Schwingungen der Membran übertrugen sich auf einen Stabmagneten, der von einer Drahtspule umgeben war. Sie veränderten den Magnetfluss im Stabmagneten und induzierten elektrische Spannungen in der Drahtspule. Dieser modulierte Strom (Gleichstrom) wurde über Stromleitungen zum Empfänger übertragen und veränderte in dessen Wandler den Magnetfluss, der die Membran in Schwingungen versetzte. So wurden die elektrischen Impulse in Schallwellen zurückverwandelt und der Gesprächspartner hörte die - recht verzerrte - Sprache.

In Deutschland wurden diese Geräte 1877 erprobt und anschließend von Siemens & Halske produziert. Bell-Telefone waren also die ersten einsatzfähigen Telefone in Deutschland. Kohlemikrofone und die Verbesserung des Hörers machten 1878 die Verständigung am Telefon einfacher. Da ich zu diesen frühen Telefonen keine Fotos habe, bitte ich Euch, Euch Fotos unter diesem Link anzuschauen, wenn es Euch interessiert: http://www.museumsstiftung.de/stiftung/d1xx_sammlungen.asp?dbid=9



Die Telefonverbindungen

Der Aufbau einer Telefonverbindung geschah zunächst über die Handvermittlung. Dazu wurde mit einer Kurbel am Telefon ein Klingeln erzeugt, mit dem man "das Fräulein vom Amt", also die Telefonvermittlung, erreichte. Durch das Drehen der Kurbel wurde im Kurbelinduktor (im Inneren des Gerätes) Wechselstrom erzeugt, der für das Klingeln in der Vermittlung benötigt wurde. Gleichzeitig fiel in der Vermittlung eine Klappe mit der Nummer des Anrufers. Die Vermittlung stellte nun zwischen der Leitung des Anrufers und dem eigenen Wandler durch Stecken von Steckern oder Umlegen von Schaltern eine Verbindung her und meldete sich. Der Anrufer nannte nun dem sich meldenden Fräulein den gewünschten Gesprächspartner. Darauf stellte die Vermittlung zunächst eine Verbindung zwischen sich und dem Adressaten her, betätigte ihre Kurbel, um beim Adressaten anzuläuten und meldete ihm den eingehenden Anruf. Dann steckte sie die Verbindung zwischen den Gesprächsteilnehmern und läutete beim Anrufer an, um die bestehende Verbindung zu melden.

Bild 1 zeigt eine Vermittlungsstelle für 12 Leitungen. Auf dem Bild ist sie im Ruhezustand - eigentlich wären alle Zahlenklappen zugeklappt, aber drei sind hier defekt...

Auf Bild 2 ist die Vermittlungsstelle aktiv. Auf der oberen Reihe sind zwei Tasten gedrückt - hier sprechen Teilnehmer 4 und 11. Auf einer weiteren Leitung quatscht das Fräulein vom Amt (Schalter ganz links) mit Teilnehmer 12. Jetzt könnten noch zwei weitere Teilnehmer dieser Vermittlungsstelle reden, dann wären alle drei Leitungen besetzt.

Bild 3 zeigt einen Schalter als Detail. Oberhalb der Nummer befindet sich ein Schildchen, auf dem die Person/Stelle vermerkt ist, der dieser Anschluss gehört. An der Oberkante des Nummernschildes befindet sich in der Mitte ein Loch. Aus diesem Loch schaut normalerweise ein winziger Drahtanker, der die Klappe in geschlossenem Zustand hält und durch das Kurbeln des entsprechenden Teilnehmers gesenkt wird, so dass die Klappe herunterklappt.

Für den Gebrauch beispielsweise in Betrieben gab es ganz kleine Vermittlungsstellen wie diese hier für drei Teilnehmer (Bild 4). Im Gegensatz zu der vorher gezeigten musste die Vermittlung hier die Verbindung stecken (statt Schalter umzulegen). Die Steckvermittlung ist der Vorläufer der Schaltervermittlung. Oben auf dem Gehäuse war ursprünglich die Glocke, die hier leider entfernt wurde. Unten links sieht man noch zwei alte Stecker, allerdings ohne Kabel.

Eine weitere komplette kleine Vermittlung mit Telefon zeigen die Bilder 5 und 6. Zunächst geschlossen, anschließend geöffnet. Man erkennt gut die Glocke, den (deutlich moderneren) Hörer sowie die Kippschalter. Im Inneren erkennt man direkt an der Kurbel den Kurbelinduktor zur Erzeugung des Wechselstroms für die Klingel.

1888 wurde das erste automatische Vermittlungssystem eingesetzt. Das Telefon hatte drei Tasten für Einer, Zehner und Hunderter. Um die gewünschte dreistellige Rufnummer einzugeben, musste man die Tasten entsprechend oft drücken. Das war ein sehr fehleranfälliges Wählsystem und aufwändig zu installieren, weil jede der drei Tasten eine eigene Leitung zur Vermittlung hatte. Weitere Patente folgten, vereinfachten das Wählen jedoch nur unwesentlich.

1923 schließlich wurde der Nummernschalter - in der Umgangssprache als "Wählscheibe" bezeichnet - patentiert, der nach dem Impulswahlverfahren arbeitet. Auf den folgenden Bildern (7, 8 und 9) sieht man den ZB SA 19 von 1923, welcher der erste deutsche Selbstwählapparat war.

Seinen Nachfolger, das W 28, zeige ich mit Bild 10. Sein Unterteil und die Gabel sind aus schwarz lackiertem Metall, Hörer und Oberteil sind aus Bakelit. Die verchromte Wählscheibe läuft über einem runden emaillierten Schild mit den Zahlen. Von seinem Nachfolger, dem W 36, haben wir keine Bilder. Es soll recht hässlich sein...

Die noch modernere Fassung ist gleichzeitig das am weitesten verbreitete alte Telefon, das W 48. Man begegnet ihm auf allen Flohmärkten - sowohl in Schwarz als auch in Altweiß. (Bild 11) Man erkennt, dass nun alle Teile des Gehäuses aus Bakelit bestehen. Auf Bild 12 steht ein W 48 auf einem zeitlich passenden Schwenkarm.

Für die Freunde der 70er Jahre möchte ich unseren kleinen Rundgang durch die Geschichte der Telefone mit Wählscheibe mit dem FeTAp611 beenden, das die meisten hier vermutlich schon besessen haben...(Bild 13)

1955 wurde das Mehrfrequenzwahlverfahren entwickelt. Bei analogen Telefonen ist diese Form des Wählens mit Tasten bis heute die gebräuchlichste.



Stromversorgung und Typbezeichnung

Wo Impulse über elektrische Leitungen gesendet werden, muss Strom vorhanden sein. Frühe Telefone, die keine Wählscheibe hatten, erhielten den notwendige Strom von einer eigenen Batterie. Diese Telefone mit OrtsBatterie tragen bei Siemens & Halske die Typbezeichnung OB. Bild 14 zeigt ein Wandtelefon aus Holz - der Kasten wirkt unverhältnismäßig groß. Wenn man ihn öffnet (Bild 15), erkennt man im obersten Fach die Drahtspule, im mittleren Fach den Kurbelinduktor und unten den Platz, an dem sich die Batterie befand. Da sie immer wieder ausgewechselt werden musste, waren alte Telefone aufklappbar.

Auf Bild 16 erkennt man ein Tischtelefon mit Ortsbatterie. Als Besonderheit hat es unten mehrere Gruppenwahltasten. An jeder dieser Tasten war ein anderer Apparat einer internen Telefonanlage (z.B. eines Betriebes) angeschlossen und konnte durch Drücken angewählt bzw. mit dem Anrufer verbunden werden.

Der aufmerksame Leser wird an dieser Stelle die Batterie des Tischgerätes suchen: die war bei kleineren Telefonen separat an der Wand.

Bild 17 zeigt eine Ortsbatterie mit entsprechender Wandhalterung. Mit der Erfindung des Nummernschalters (=Wählscheibe) wurde der Telefonbetrieb auf automatische Vermittlung umgestellt. Die Batterie zur Stromversorgung befand sich nun in der Postvermittlung als ZentralBatterie - die Typbezeichnung dieser späteren Telefone lautet entsprechend ZB. Ältere Telefone wurden durch Aufsetzen einer Wählscheibe für den neuen Betrieb umgestellt.