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Neben den Spielsachen der kleinen und großen Spielzeugmanufakturen, die man kaufen konnte, gab es um die Jahrhundertwende auch zahlreiche Laubsäge-Vorlagen, die es ärmeren Familienmitgliedern ermöglichten, schöne Spielzeuge kostengünstig zu Hause zu fertigen.

Ergänzend zu diesen Vorlagen gab es - zumindest für die Puppenmöbel und Puppenstuben - ein umfangreiches Sortiment an Accessoires für die selbstgefertigten Stücke: kleine Schrankknöpfe und -griffe, Türklinken, Scharniere, Gardinenstangen mit Klemmhaltern oder Ringen sowie zahllose Tapeten für Wand und Boden.

Oft ist es schwierig, die Vorlagen der gefertigten Stücke einer bestimmten Firma zuzuordnen. Erstaunlicherweise bieten nämlich verschiedene Firmen identische oder zumindest ähnliche Vorlagen zur gleichen Zeit an. So gab es einen bestimmten Kaufladen mit aufwändiger Jugendstilverzierung zeitgleich bei Otto Maier (Ravensburger Laubsägevorlagen) und Mey & Widmayer sowie wenig später bei Hofmann & Schmitt, welche 1939 die Firma Mey & Widmayer komplett übernahmen.

Neben den reinen Vorlagen, die auf das Holz gedruckt waren oder selbst übertragen werden mussten, gab es auch Vorlagen, die auf Pappe oder Holz gekebt wurden und damit das nachträgliche Beizen oder Anmalen sparten.

Im Folgenden stelle ich die drei bekanntesten Verlage für Laubsägevorlagen, Mey & Widmayer, Otto Maier Verlag und J.F. Schreiber kurz vor und zeige einige Bilder von den Vorlagen sowie den daraus entstandenen Produkten (soweit vorhanden).

Mey & Widmayer

Die erste und größte Firma, die Vorlagen für Laubsägearbeiten vertrieb, war die Druckerei Mey & Widmayer in München, die 1836 gegründet wurde. Neben Landkarten und anderen Bildern vertrieb sie Vorlagen für Holzarbeiten jeder Art.

Um die Jahrhundertwende gab es neben den Vorlagen auf Papier sowie den direkt auf das Holz aufgebrachten Vorlagen auch noch Vorlagenhefte sowie einige Bücher, die sich mit der Vermittlung der für die Heimwerkerei notwendigen Kenntnisse befassten. Das Standardwerk ist das Buch "Die vorzüglichsten Beschäftigungen des Dilettanten", in dem alle Holzbearbeitungstechniken mit zahlreichen Abbildungen genau erklärt und viele wertvolle Tipps gegeben werden. Es muss sich großer Beliebtheit erfreut haben, denn es erschien innerhalb von wenigen Jahren in diversen Auflagen. Das hier gezeigte Exemplar stammt aus der 4. Ausgabe im Jahr 1898.

1910 wird im Katalog der Firma erstmals ein komplettes Puppenhaus nach den Entwürfen von F. Lechleitner erwähnt. Die Vorlagen umfassten neben den Schnittmustern für Haus, Fenster, Türen und Möbel auch Entwürfe für Parkettböden und Stuck- bzw. Balkendecken. Jeder Vorlagebogen konnte einzeln gekauft werden. Auch das Zubehör für die Möbel sowie die Elektrifizierung konnte von dem Versandhaus Mey & Widmayer bezogen werden. Ein so detailgetreues Puppenhaus ist in dieser Zeit eher untypisch.

Es ist sehr groß: ca. 120cm lang, 60cm breit und 95 cm hoch. Die Fertigung erforderte hohes handwerkliches Geschick, so dass die meisten Familien sich auf die Einrichtung einzelner Räume beschränkten. Komplette Häuser sind entsprechend selten. Öffentlich zugänglich ist eines im Spielzeugmuseum in Nürnberg. Bis zu seiner Auflösung war auch im Puppenmuseum in Wien ein solches Haus zu sehen.

Das von mir hier gezeigte Haus ist nicht komplett. Es hat nur in Bad und Herrenzimmer die vorgesehenen Holzböden, in den anderen Räumen wurden die Böden mit Fußbodentapete gestaltet. Da diese recht unschön ist, habe ich begonnen, die fehlenden Böden auf dünnem Sperrholz zu rekonstruieren und in den Zimmern zu ergänzen. Das Haus war sehr lange im Angebot der Firma. Noch 1931 wird es mit vielen anderen älteren Vorlagen zusammen im Gesamtkatalog der Firma geführt.

Otto Maier Verlag

Die Gründung des Otto Maier Verlags wird auf 1883/84 datiert. 1884 erschien das erste Kinderspiel sowie erste Jugendbücher. Zehn Jahre später sind schon einige Dutzend Spiele erschienen.

Mit "Puppenmütterchens Nähschule" erweitert das Unternehmen 1894 das Sortiment um den Bereich "Kinderbeschäftigungen".

Zwischen 1900 und 1920 erscheinen vier Reihen der Beschäftigungshefte: "Papier- und Kartonarbeiten für Kinder", Maiers Holzarbeiten für Knaben", "Maiers Papier- und Kartonarbeiten für Kinder" sowie "Beschäftigungsbücher für Kinder".

Im Otto Maier Verlag erscheint 1908 das erste Heft mit "leichtverständlicher Anleitung zur selbständigen Herstellung" für ein Puppenhaus nach dem Entwurf von Otto Mayser. Es verfügt über 9 Räume in drei Etagen sowie über eine Veranda und einen Balkon. Seine Fassade ist aufwändig gestaltet und verziert, jedoch ist es ansonsten eher schlicht und einfach, was die Innengestaltung und Fenster anbelangt.

In den folgenden Jahren erschienen weitere Anleitungen für modernere Häuser. Auch hier gab es ergänzende Vorlagen für passende Möbel.

Noch bis 1945 werden verschiedene Modellbaubögen angeboten, die sich in erster Linie an Kinder richten. Das Angebot an Vorlagen zum Selbstbau reduziert sich und beschränkt sich nach dem zweiten Weltkrieg auf Fertigbausätze sowie Vorlagen für Erwachsene.

J.F. Schreiber

1831 wurde der Verlag J.F. Schreiber (Eßlingen a.R.) gegründet, der schon früh Ausschneidebilder auf Papier bzw. dünnem Karton anbot, mit denen kostengünstig kleine Spiellandschaften gestaltet werden konnten.

1912 erschien ein illustrierter Katalog mit diversen Laubsägevorlagen, der 1931 in erweiterter Form nochmals gedruckt wurde. Unter anderem bot das Unternehmen Vorlagen für Puppenmöbel an.

1922 erschienen 7 Hefte von "Schreibers Beschäftigungsbüchern für Elternhaus und Arbeitsschule", die Vorlagen für Holzarbeiten aus Zigarrenkisten bzw. Laubsägeholz beinhalten. Heft 1: Kaufladen, Heft 2: Puppenküche, Heft 3: Puppenschule, Heft 4: Wohnzimmer, Heft 5: Schlafzimmer; Heft 6 Puppenhaus; Heft 7: Pferdestall.

Die von Schreiber herausgegebenen Hefte haben eine stärkere pädagogische Ausrichtung als die Vorlagen von Mey & Widmayer. Das breite Verlagsprogramm bietet um 1920 unterschiedlichste Anleitungen. Die folgende Auflistung stammt von der Rückseite des hier gezeigten Heftes.



Schreibers Beschäftigungsmittel zur Bildung des Geistes, des Auges und der Hand

Von Lehrern und Künstlern herausgegeben

I. Fürs Zeichnen
Schreibers Anleitung zum Vorzeichnen für Eltern und Lehrer

II. Fürs Formen
Was soll ich formen? 10 Tafeln mit Plastilinarbeiten zur Veranschaulichung des heimatlichen Lebens
Schreibers Anleitung zum Formen in Ton und Plastilina

III. Fürs Ausschneiden
Schreibers Ausschneidearbeiten für Glanzpapier
Schreibers Wandbilder für die Kinderstube
Fröhliche Schilder
Schreibers bunte Kartonarbeiten mit Anleitung zum Verzieren
Schreibers Beschäftigungsbogen für Laubsäge, Schere und Glanzpapier

IV. Fürs Bauen und Basteln
Schreibers volks- und heimatkundliche Baubogen, Aufstellbogen und Bauhefte
Münchner Künstler-Modellierbogen
Schreibers volkskundliche Ankleidebogen
Schreibers Beschäftigungsbücher für Elternhaus und Arbeitsschule
Technische Modelle. Sie sind naturgetreue Nachbildungen im verkleinerten Maßstabe und ein unentbehrliches Anschauungsmittel für den Sachunterricht